Sprachentwicklungsstörung (SES)

Obwohl es beim Erlernen der Sprache typische Entwicklungsschritte gibt, lernt jedes Kind auf seine eigene Art und in seinem eigenen Tempo. Die meisten Kinder lernen das komplexe System der Sprache fast mühelos. Das trifft leider nicht auf alle Kinder zu. Wenn ein Kind Schwierigkeiten beim Spracherwerb hat, können folgende Symptome einzeln oder kombiniert auftreten.

Störung der Aussprache

Bei einer Aussprachestörung werden ein oder mehrere Laute nicht korrekt gebildet, z.B. gehört das „Lispeln“ (Sigmatismus) dazu, bei der die Zunge beim /S/ zwischen oder gegen die Zunge drückt. Laute können auch komplett weggelassen werden. So wird aus dem Wort /Raupe/ nur noch /aupe/. Oder ein Laut wird durch einen anderen Laut ersetzt. Aus dem Wort /Raupe/ wird dann z.B. /Laupe/. Das /R/ wurde durch den Laut /L/ ersetzt.

Störung der Grammatik

Es besteht eine Störung der Grammatik (Dysgrammatismus), wenn bestimmte sprachliche Strukturen nicht erworben wurden und ein deutlicher Unterschied zur Altersnorm besteht. So wird z.B. das Verb immer an das Satzende gestellt („Ich Schokolade kaufen“), die Artikel werden vertauscht, die Pluralbildung ist noch nicht erworben oder die Präpositionen werden falsch angewandt.

Störung des Wortschatzes

Einigen Kindern fällt die Benennung eines Wortes schwer. Es kann sein, dass der Begriff für den Gegenstand noch nicht im Wortschatz des Kindes enthalten ist oder falsch abgespeichert wurde.

Störung des Sprachverständnisses

Kinder, bei denen eine Störung im Sprachverständnis vorliegt, können Inhalte von Anweisungen, Erklärungen, Sätze und Gespräche nicht bzw. nicht ausreichend verstehen. Dies ist auch für die Eltern nicht sofort erkennbar, da eine Störung meist anhand der Reaktion des Kindes erkennbar wird. Daher ist eine genaue Diagnostik, auch in den vorher beschriebenen Bereichen, sehr wichtig.

Late Talker

Die Late Talker stellen eine spezielle Gruppe der Sprachentwicklungsstörungen dar. Von ihnen spricht man, wenn Kinder im Alter von zwei Jahren noch keine 50 Wörter erworben haben, noch keine Zweiwortsätze sprechen und/ oder noch Probleme mit dem Sprachverständnis haben. Es kommt bei ungefähr 20% der Zweijährigen zu einem verlangsamten Erwerb der Sprache und die Hälfte kann den Rückstand bis zum dritten Geburtstag aufholen. Bei der anderen Hälfte spricht man von einer Spezifischen Sprachentwicklungsstörung (SSES). Das bedeutet, dass alle anderen Entwicklungsbereiche, wie etwa die motorische Entwicklung, unauffällig sind. Es können verschiedene Bereiche der Sprachentwicklung, wie oben beschrieben, betroffen sein.

Redeflussstörung

Poltern

Poltern im Kindesalter zeigt sich wie auch bei Erwachsenen in schnellem und / oder unregelmäßig (irregulär) schwankendem Sprechtempo. Es treten dabei Auslassungen, Verschmelzungen und artikulatorische Veränderungen von Lauten, Silben, Wörtern und Phrasen auf.

Stottern

Stottern beginnt meist im Alter zwischen 2 und 5 Jahren. Die Kinder verlieren in dem Moment die Kontrolle über ihr Sprechen. Diese entwicklungsbedingten Unflüssigkeiten beim Sprechen bilden sich meist nach relativ kurzer Zeit wieder zurück.

Das Stottern kann sich in Form von unfreiwilligen Wiederholungen (Ke-ke-ke-keller), als Blockaden, bei denen die Sprechbewegung völlig steckenbleibt (—–essen) oder als Dehnungen (Mmmmmaus) äußern. Diese Symptome nennt man Kernsymptome. Dazu entwickeln manche Kinder sogenannte Begleitsymptome, um das Stottern zu beenden. Die Kinder werden dann lauter, bewegen auffällig den Kopf oder die Arme oder fangen an zu grimassieren.

Schluckstörungen

Myofunktionelle Störungen

Diese liegen vor, wenn die Gesichts- aber v.a. die Mund- und Zungenmuskulatur nicht im Einklang sind. Einige Muskelgruppen sind zu stark, andere zu schwach angespannt. Häufig drückt die Zunge während des Schluckvorgangs gegen die Zähne und folglich können Zahnfehlstellungen entstehen. Weitere Begleiterscheinungen sind u.a. eine offene Mundhaltung, vermehrter Speichelfluss (Salivation) oder Angewohnheiten wie Daumenlutschen, Fingernägelkauen und Zähneknirschen. In der Myofunktionellen Therapie (MFT) werden die entsprechenden Muskelgruppen trainiert und ein korrektes Schluckmuster erlernt. Diese Therapie geht oft mit einer kieferorthopädischen Maßnahme einher.

Stimmstörungen

Juvenile Dysphonie

Diese funktionelle Stimmstörung bei Kindern kann entstehen bei ständigem lauten Sprechen bzw. Schreien. Es findet also ein Stimmgebrauch mit zu viel Spannung und Druck statt. Bei diesem falschen Stimmgebrauch kann auf Dauer, ohne eine Behandlung, eine organische Veränderung an den Stimmlippen, z.B. Knötchen auf den Stimmlippen, hervorgerufen werden.

Näseln

Wenn ein extrem nasaler Stimmklang vorliegt, spricht man von Näseln (Rhinophonie). Man unterscheidet das geschlossene Näseln (die Stimme klingt extrem „verschnupft“, da zu wenig Luft durch die Nase kommt) vom offenen Näseln (durch die Nase entweicht zu viel Luft).

Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten (LKGS)

Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten gehören zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Sie treten in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen auf. Sie können einseitig und beidseitig, als vollständige und unvollständige Spalten entstehen. Sie haben u.a. Auswirkungen auf das Kauen, Schlucken und die Aussprache, die von einer starken Nasalität gekennzeichnet ist.

Legasthenie/Lese-Rechtschreibschwäche (LRS)

Eine Legasthenie ist eine Entwicklungsstörung beim Erlernen des Lesens und Schreibens. Die ausgeprägten und anhaltenden Schwierigkeiten zeigen sich beim Lesen u.a. durch eine niedrige Lesegeschwindigkeit, durch Auslassungen und/oder Vertauschen oder Hinzufügen von Wörtern, Silben oder einzelnen Buchstaben. Zudem kann der Inhalt eines gelesenen Textes nicht korrekt wiedergegeben werden. Beim Schreiben wird eine hohe Fehleranzahl bei Diktaten oder auch beim Abschreiben von Texten sichtbar. Wenn eine Legasthenie vorliegt, fällt auch durchschnittlich intelligent und angemessen beschulten Kindern der Prozess des Lesen- und Schreibenlernens schwer.

Nach einer ausführlichen Diagnostik kann eine gezielte Förderung stattfinden.

Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS)

Unter einer AVWS versteht man Probleme beim Hören, ohne dass das Ohr geschädigt ist. Das schlechte Hören resultiert daraus, dass das Gehörte nicht richtig weiterverarbeitet wird. Kinder mit einer AVWS verwechseln ähnlich klingende Laute und können sich Gehörtes schlecht merken. Sie sind oft sehr lautstärkeempfindlich bei Umgebungslärm und können sich dann schlecht konzentrieren. Sie haben zudem Probleme zu erkennen, aus welcher Richtung Geräusche kommen.